Wie ist es euch eben beim Abendmahl ergangen?
Zugegeben, das ist erstens eine rhetorische Frage und zweitens ist sie vielleicht sogar falsch gestellt. Denn diese Frage klingt ja verdächtig nach Wohlfühlmentalität und gehört wohl eher zur Spaßgesellschaft als in einen Abendmahlsgottesdienst.
Was bedeutet Ihnen Abendmahl und Eucharistie? So fragte die evangelische Zeitschrift chrismon im Januar 2004 seine Leser. Mehr als zwölfhundert Reaktionen unterschiedlichster Art gab es daraufhin.
Zwei möchte ich uns vorlesen:
Beim Abendmahl überfallen mich intensive Gefühle. Meistens geht man in den Altarraum mit der musikalischen Untermalung von „Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünden der Welt...“, dabei muss ich schon tief ein- und ausatmen, weil ich die Tragweite der Worte kaum fassen kann. Dann stehen wir im Kreis um den Altar, Brot und Wein werden gesegnet, der Pfarrer geht zu jedem hin, reicht ein Stück Brot und spricht Worte, die Jesus wohl einst gesagt hat. Spätestens wenn der Weinkelch gereicht wird, bin ich am Weinen, unterdrückt zwar und doch hemmungslos. Ich kann nichts dafür und ich kann es nicht verhindern. Es gehen mir dann Gedanken durch den Kopf, wie: Warum musste ein so guter Mensch so jämmerlich sterben? Wieso sind die Mitmenschen so blind und haben dieses Talent Jesus nicht erkannt? Der Kloß in meinem Hals wird immer dicker und die Nase läuft. Ich kann nicht so recht annehmen, dass Jesus für meine Sünden gestorben sein soll. Ich bin hin und her gerissen. Jedenfalls bricht es mir jedes Mal fast das Herz, und deshalb gehe ich nur am Karfreitag zum Abendmahl.
Elisabeth Zenner, 43 Jahre aus Oberdiebach, evangelisch.
Chrismon, Seite 62
Heiligabend 1977, Gottesdienst mit Abendmahlsfeier. Wie eine Fremde setze ich mich in die letzte Bankreihe mit dem Gefühl einer Grenzüberschreitung: Die Menschen hier feierten das Fest der Christgeburt. Aber ich glaubte doch gar nicht an Christus! Und als es dann zur Feier des Abendmahls kam, stieg die Spannung in mir bis an die Grenze des Erträglichen. Durfte ich jetzt nach vorn gehen und an der Austeilung teilhaben, wo ich doch gar nicht Ja sagen konnte, zu dem, was da geschah?
Mit Zittern und Zagen trat ich an die Altarstufen und wäre am liebsten wieder davongelaufen. Aber dann geschah das Unbegreifliche. Als der Pfarrer mir den Kelch reichte, sagte er: „Christus für dich!“ In diesem Augenblick überschwemmte mich eine gewaltige Woge der Gegenwart Gottes – unfasslich und mit nichts zu beschreiben, aber von unabweisbarer Gewissheit: Hier war ER – für mich da und mich ganz und gar erfüllend. Ich weiß nicht mehr, wie ich nach diesem Gottesdienst nach Hause kam; ich weiß nur noch, dass ich, als ich endlich allein war, auf die Knie gesunken bin – eine mir bis dahin völlig fremde Haltung – und stammelnd oder wortlos gedankt habe und .... ja, angebetet!
Annelie Dörr, 50 Jahre aus Köln, evangelisch
Chrismon, Seite 60
Diese Antworten und vor allem das Ergebnis der Gesamtumfrage zeigen: Emotionen überall. Für viele Menschen ist das Abendmahl mit tiefen persönlichen Erfahrungen verbunden: Ehrfurcht und Rührung, aber auch Ekel und Widerwille.
Deshalb noch mal die Frage: Wie ist es euch eben beim Abendmahl ergangen?
Nun sind Gefühle kein Gradmesser für die Nähe Gottes. Aber Gefühle gehören zu uns, genauso wie unser Verstand und unser Denken. Wir nehmen einen Gottesdienst immer ganzheitlich wahr, mit allen unseren Sinnen.
In der
Apostelgeschichte 2, Vers 42 (Luther 1984) heißt es unter anderem von den ersten Christen: Sie blieben aber beständig im Brotbrechen.Das es sich dabei eindeutig um die Abendmahlsfeier handelt, wird klar, wenn man mit orientalischen Eßgewohnheiten vertraut ist. Für die ersten Christen war die gemeinsame Feier des Abendmahls als Abschluss einer gemeinsamen Mahlzeit am Abend – daher auch der Name „Abendmahl“ Ausdruck ihres Glaubens und ihrer Hoffnung. Auch bei den ersten Christen ging das nicht „gefühllos“ ab, wie uns ein Blick in die Apostelgeschichte zeigt,
Apostelgeschichte 2, Vers 46 (Gute Nachricht): Tag für Tag versammelten sie sich einmütig im Tempel, und in ihren Häusern hielten sie das Mahl des Herrn und aßen gemeinsam, mit jubelnder Freude und reinem Herzen.Das ist ein deutlicher Beleg dafür,
– schreibt Gerhard Hörster – dass alle Begräbnisfeierlichkeit bei der Feier des Herrnmahls fehl am Platze ist. Es ist ein Mahl jubelnder Freude, weil der auferstandene Herr zu seinem Tisch einlädt und weil der auferstandene Herr an die ewige Vollendung erinnert.Gerhard Hörster, Gärtner-Forum Nr. 7, Bedeutung und Praxis des Herrnmahls, Seite 5
Die ersten Christen kamen anfangs täglich zusammen und feierten bei ihren Mahlzeiten auch täglich miteinander das Abendmahl. Später dürfte sich daraus eine wöchentliche Abendmahlsfeier am Sonntagabend ergeben haben, wie wir Apostelgeschichte 20, Vers 7 (Luther) entnehmen können:
Am ersten Tag der Woche aber, als wir versammelt waren, das Brot zu brechen, predigte ihnen Paulus, und da er am nächsten Tag weiterreisen wollte, zog er die Rede hin bis Mitternacht.Die neutestamentlichen Berichte machen deutlich, dass für die ersten Christen die gemeinsame Abendmahlsfeier normaler Bestandteil gemeinsamer Abendessen waren. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass das Abendmahl anfangs in den Häusern und nicht in den gottesdienstlichen Versammlungen – die ja in der Synagoge oder im Tempel stattfanden – gefeiert wurde. Man könnte zugespitzt sagen:
Der klassische Ort des Abendmahls ist eigentlich der Hauskreis und nicht der Gottesdienst.Klaus Douglass, Gottes Liebe feiern, Seite 190
Nun haben wir hier und heute miteinander das Abendmahl gefeiert und das ist auch gut und richtig so. Daneben wird auch tatsächlich in kleineren Gruppen unserer Gemeinde das Abendmahl gefeiert. Überall dort, wo eine Gruppe sich als Teil der Gesamtgemeinde versteht und nicht in Opposition zur Restgemeinde Abendmahl feiert, ist das auch völlig in Ordnung. So haben wir letzten Sonntag auf dem Hauskreismitarbeiterwochenende das Abendmahl als Abschluss und Höhepunkt miteinander gefeiert. Und ich erinnere mich an so manches Krankenabendmahl, wo einzelne aus dem Ältestenkreis bei dem einen oder anderen älteren Gemeindeglied, das nicht mehr am Gemeindeleben teilnehmen kann, bei ihnen zuhause das Abendmahl feierte. In der Regel waren das immer ganz besondere Zeiten.
Daneben ist es wichtig und notwendig, dass wir auch als Gesamtgemeinde miteinander das Abendmahl feiern. Über die Zeit und die Form kann man dabei sicherlich noch einmal nachdenken. Es wäre ja auch denkbar, dass wir tatsächlich sonntags abends zum gemeinsamen Essen mit anschließendem Abendmahl hier zusammenkommen.
Bei den ersten Christen ging es wie gesagt weder um hoch verkopfte theologische Fragestellungen beim Abendmahl, noch um Formfragen. Von Jesus hatten sie gelernt, dass es weder heilige Zeiten noch besondere Orte oder gar besondere Verrichtungen gibt, durch die man Gott näher kommen kann. Sie lebten von der Gnade Gottes, die sie durch Jesus Christus empfangen hatten und das brachten sie gerade durch und mit der Feier des Abendmahls zum Ausdruck. Im ganzen neuen Testament wird die Möglichkeit verneint, Gott im religiösen Kultus näher zu sein als im Alltag.
Der Gottesdienst hat den Charakter der Feier der Liebe Gottes und führt die Glaubenden nicht ins religiöse Abseits, sondern stärkt sie für den Gottesdienst im Alltag der Welt.Klaus Douglass, Gottes Liebe feiern, Seite 190
Abendmahl war zunächst einfach etwas, was erlebt und gefeiert wurde. Am Anfang der Christenheit stand eine lebendige Erfahrung: Jesus ist in der gemeinsamen Feier des Abendmahls in besonderer Weise gegenwärtig. Das hatte er zugesagt und das wurde auch erfahren. Dabei war den ersten Christen fünf Tatsachen bewusst:
1. Das Abendmahl wurde im Zusammenhang mit dem Passahmahl eingesetzt
2. Das Abendmahl erinnert an den ersten Bund vom Sinai
3. Das Abendmahl erinnert an die Tischgemeinschaften, die Jesus hatte
4. Das Abendmahl erinnert an das letzte Abendmahl vor seinem Tod
5. Das Abendmahl erinnert auch an das Essen des Auferstandenen mit seinen Jüngern
Diese fünf Tatsachen waren den ersten Christen bewusst, bei ihnen lebendig und davon war ihre Abendmahlspraxis geprägt.
Deshalb war das Abendmahl auch eine fröhliche Sache. Denn wie im Passahfest war im Abendmahl die Freude über die Befreiung und der Auszug in die Freiheit Grundtenor. In diesem Sinne ist jede Abendmahlsfeier ein Hoffnungsmahl, ein Mahl des Aufbruchs und ein Mahl der Zukunft.
Der erste Bund wurde am Berg Sinai geschlossen, als Gott seinem Volk die zehn Gebote gab. Dieser Bund wurde durch das Blut eines Opfertieres besiegelt. Beim letzten Abendmahl sagte Jesus seinen Jüngern, als er ihnen den Kelch reicht,
Matthäus 26, Vers 28 (Einheitsübersetzung): das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.So werden wir in jeder Abendmahlsfeier an den neuen Bund erinnert, der durch das vergossene Blut Jesu besiegelt ist und auf den wir miteinander verpflichtet sind.
Nicht nur die Tischgemeinschaften, die Jesus vor seinem Tod mit allen möglichen und unmöglichen Leuten hatte, so dass man ihn ja sogar einen Fresser und Weinsäufer nannte, sondern auch die Tischgemeinschaften als Auferstandener mit seinen Jüngern und den beiden aus Emmaus waren den ersten Christen präsent, wenn sie miteinander das Brot brachen. Und sie erinnerten sich an das letzte Abendmahl vor seinem Tod.
Wenn wir uns daneben noch die vier Einsetzungsworte zum Abendmahl anschauen:
- Matthäus 26, Verse 26 bis 29
- Markus 14, Verse 22 bis 25
- Lukas 22, Verse 17 bis 20
- 1. Korinther 11, Verse 23 bis 26
werden drei weitere Bedeutungen mit dem Abendmahl verbunden:
1. Das Brechen des Brotes und der Satz Jesu „Dies ist mein Leib“
aramäisch „Dies mein Leib!“
Hier ist auch der Grund für die schwierige kirchentrennende Problematik beim Abendmahl. Diesen Satz hat man 1215 angefangen buchstäblich zu verstehen und so entstand auf dem 4. Laterankonzil die Lehre von der „Wandlung“ und nach römisch-katholischer Vorstellung verwandelt sich durch die Handlung des geweihten Priesters Brot und Wein buchstäblich in Fleisch und Blut Jesu.
Nun hat Jesus oft in Bildworten und Gleichnissen gesprochen. Aber kein vernünftiger Mensch würde das Wort Jesu „Ich bin die Tür“ buchstäblich auslegen und eine „normale“ Tür buchstäblich als Jesus ansehen. Das schaffen nur Theologen.
2. Beim Kelch fallen die Stichworte „Bund“ und „Blut“
Jesus besiegelt den neuen – den zweiten Bund – mit seinem Blut
3. Hinweis auf die himmlische Feier
Jedes Abendmahl ist damit ein Hoffnungsmahl der Zukunft bei Gott
Das Abendmahl ist und bleibt ein mysterion – ein Geheimnis. Das hat nicht nur der Papst in seiner Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ vom Gründonnerstag letzten Jahres gesagt. Das erkennen wir, wenn wir die unterschiedlichsten Texte des Neuen Testaments uns anschauen.
Der Befehl Jesu lautet „Nimm und iss“, und nicht „Nimm, wenn du versteht.“
Klaus Douglass, Gottes Liebe feiern, Seite 188
Schon die Bezeichnung erweist sich als schwierig. Sollte man besser vom „Herrnmahl“, der „Eucharistie“ oder der „Kommunion“ sprechen?
Der Begriff „Abendmahl“ hat einerseits die weiteste Verbreitung und andererseits keinen „hochkirchlichen“ Beigeschmack. Auch wenn wir als Freie evangelische Gemeinde traditionsgemäß vom „Herrnmahl“ sprechen, wie es in unserer Gemeindeordnung heißt:
Die Gemeinde feiert regelmäßig mit ihren Mitgliedern das Mahl des HErrn. Andere Christen können als Gäste daran teilnehmen. Alle Teilnehmer müssen in einem geordneten Verhältnis zu Gott und ihren Mitmenschen leben.Gemeindeordnung der FeG Krefeld vom 14.2.1982
Gerhard Hörster hat 1983 auf Langeoog den Vortrag gehalten: „Bedeutung und Praxis des Herrnmahls“ und dabei unter anderem darauf hingewiesen, dass in Freien evangelischen Gemeinden in der Vergangenheit mehr über das wer darf am Abendmahl teilnehmen nachgedacht wurde und jetzt stärker über die Bedeutung des Abendmahls nachgedacht wird.
Die erste Freie evangelische Gemeinde in Wuppertal ist 1854 auf Grund der Frage nach dem Abendmahl entstanden. Der Bund Freier evangelischer Gemeinden wurde 1874 als Zusammenschluss von Abendmahlsgemeinschaften gegründet. Unsere Gemeinde gehörte zu den Gründungsmitgliedern.
Wie gesagt: Die ersten Christen lebten von der gemeinsamen Erfahrung: Jesus ist in der gemeinsamen Feier des Abendmahls in besonderer Weise gegenwärtig.
Erst Jahrhunderte später wurde diese gemeinsame Erfahrung versucht in Lehrsätze zu packen, die seitdem die Christenheit trennt.
In der Römisch-Katholischen Kirche wird gelehrt: Brot und Wein wandeln sich durch das Handeln des Priesters ihrem Wesen nach in Leib und Blut Jesu. Man nennt das Transsubstantiation (Wesensverwandlung).
In der Orthodoxen Kirche bekennt man zwar eine Veränderung, lässt aber offen, worin diese besteht. Die Eucharistie gilt als Opfer, genauer als Vergegenwärtigung des einen Opfers Christi. Der Empfang der Eucharistie durch nicht-orthodoxe Christen gilt als unmöglich.
Von einer Wandlung will Luther nichts wissen. Aber in mit und unter Brot und Wein ist Christus für ihn gegenwärtig. In der Gedächtnisfeier des Abendmahls ist in Brot und Wein Christi Leib und Blut real präsent (Konsubstantiation, Realpräsenz).
Für Calvin gibt es in der Gedächtnisfeier keine Verwandlung von Brot und Wein, doch haben sie beim Gläubigen die stärkende Wirkung von Leib und Blut Christi. Er sagte, der heilige Geist erzeuge die Realpräsens Christi nur in Brot und Wein, wenn dieses gläubig empfangen werde und er sah im Abendmahl ein besonderes Gnadengeschenk.
für Zwingli ist das Abendmahl nichts weiter als ein Erinnerungsmahl und ein Symbol, ein Zeichen.
Erst 1973 wurde innerhalb der Evangelischen Kirche durch die Leuenberger Konkordie der Abendmahlsstreit zwischen den reformatorischen Landeskirchen überwunden.
Die Gegensätze, die von der Reformationszeit an eine Kirchengemeinschaft zwischen den lutherischen und reformierten Kirchen unmöglich gemacht und zu gegenseitigen Verwerfungsurteilen geführt haben, betrafen die Abendmahlslehre, die Christologie und die Lehre von der Prädestination. Wir nehmen die Entscheidungen der Väter ernst, können aber heute folgendes gemeinsam dazu sagen:
Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. So gibt er sich selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen; der Glaube empfängt das Mahl zum Heil, der Unglaube zum Gericht.
Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, läuft Gefahr, den Sinn des Abendmahls zu verdunkeln.
Leuenberger Konkordie
Die Leuenberger Konkordie versteht sich zugleich als Station auf dem Weg zur ökumenischen Gemeinschaft aller christlichen Kirchen. Inzwischen besteht Abendmahlsgemeinschaft mit der Alt-Katholischen Kirche, mit der Evangelisch-methodistischen Kirche und mit der Anglikanischen Kirche von England.
Überall dort, wo das Abendmahl sakramental – im Sinne von magisch - verstanden wird, bekommen wir als Freie evangelische Gemeinden Bauchschmerzen. Deshalb steht auch in unserer Selbstdarstellung:
Wir verstehen Taufe und Abendmahl nicht als "Sakramente", durch die Gott an uns handelt, sondern als Zeichen und Symbole, die nur von einem persönlich an Jesus Christus glaubenden Menschen als "Bekenntnis" richtig verstanden und im Sinne Jesu praktiziert werden können.Selbstdarstellung der FeG Krefeld 2000
Dennoch würde ich den ersten Satz des Papstes aus seiner Enzyklika mit unterschreiben:
Die Kirche lebt von der Eucharistie.Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 159, Seite 5
Ich glaube, dass wir als Freikirchlicher das Abendmahl oft etwas zu belanglos wahrnehmen!
Es ist wirklich unser Herzstück, auch wenn wir es nicht als Sakrament verstehen.
Im Abendmahl spiegelt sich das gesamte Evangelium in gebündelter Form wieder:
- Das Abendmahl ist ein Erinnerungsmahl (Anamnese)
- Das Abendmahl ist ein Vergebungsmahl (Absolution)
- Das Abendmahl ist ein Danksagungsmahl (Eucharistie)
- Das Abendmahl ist ein Stärkungsmahl (Konfirmation)
- Das Abendmahl ist ein Befähigungsmahl (Vokation)
- Das Abendmahl ist ein Gemeinschaftsmahl (Kommunion)
- Das Abendmahl ist ein Hoffnungsmahl (Antizipation)
aus "Gottes Liebe feiern" von Klaus Douglass, Seite 195
Die gemeinsame Feier des Abendmahls bedeutet also:
- Vergewisserung des Glaubens
- Ausdruck der Gemeinschaft mit Christus
- Bekenntnis zu Jesus Christus als unserem Erlöser
- Ausdruck der Gemeinschaft der Glaubenden (als Sünder)
-
Ausdruck der HoffnungLeben entdecken – Gott gibt’s, Das Mahl des Herrn, 8.3/3
Das Abendmahl ist und bleibt ein mysterion – ein Geheimnis, weil Jesus selbst der Gastgeber ist, der Gegenwärtige, der für uns Gekreuzigte und der Kommende!
Daneben möchte ich noch auf vier Dinge hinweisen:
1. Wir feiern ein offenes Abendmahl!
Auf dem ersten ökumenischen Kirchentag in Berlin letzten Jahres habe ich den Schmerz miterlebt, dass Christen aus unterschiedlichsten Konfessionen nicht gemeinsam das Abendmahl feiern dürfen. Die besagte Enzyklika des Papstes hatte das noch einmal fest zementiert. Als Freie evangelische Gemeinden feiern wir das „offene“ Abendmahl. Jeder der Christ ist, egal zu welcher Kirche er auch gehört, ist herzlich eingeladen das Abendmahl mit uns zu feiern. Die einzige Voraussetzung ist der persönliche Glaube an Jesus Christus.
2. Wir sollten das Abendmahl öfters feiern!
Als junger Pastor war ich auch zuständig für eine eher etwas darbystisch geprägte Freie evangelische Gemeinde, die jeden Sonntagmorgen das Abendmahl feierte. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Abendmahlsgottesdienst in dieser Gemeinde. Aus irgendwelchen Gründen wurde vergessen den Wein in die Karaffe zu füllen. Einem fiel das auf und als ich die Einsetzungsworte zum Abendmahl las, füllte er die Karaffe mit Wein. Ich bekam das nicht so mit und nahm den mit Wein gefüllten Kelch – auf dessen Fuß allerdings auch die Karaffe stand, ohne das ich das realisierte – hob den Kelch hoch und in dem Moment ergoss die Karaffe ihren Inhalt auf den Tisch. Alles war voller Wein. Normalerweise hätte ich jetzt laut losgelacht, aber ich blickte in ernste und versteinerte Gesichter.
Damals dachte ich, die feiern zu oft das Abendmahl. Es kam mir leer und bedeutungslos vor. Heute glaube ich, wir können nicht oft genug das Abendmahl feiern. Weil es uns auf den zentralen Punkt unseres Glaubens hinweist. Christen, die kaum oder gar nicht am Abendmahl teilnehmen, lassen sich die heilsame Nähe Jesu entgehen!
3. Wir sollten das Abendmahl unterschiedlicher gestalten!
Ich würde mir wünschen, wir hätten mehr Freiheit in der Gestaltung unserer normalen sonntäglichen Abendmahlsfeiern. Ich würde gerne einmal einen Abendmahlsgottesdienst ohne Predigt dafür aber mit Berichten über Glaubenserfahrungen gestalten. Ich fände es auch gut, wenn wir beim Abendmahl einmal nicht das Brot und den Kelch durch die Reihen geben, sondern die Gemeinde in Gruppen nach vorne zum Abendmahlstisch kommt.
4. Wir gehen alle als Sünder und somit unwürdig zum Tisch des Herrn
Immer wieder begegnet mir die Frage: Darf ich so zum Abendmahl gehen? Die Aussage in
1. Korinther 11, Verse 27 bis 28 (Einheitsübersetzung): Wer also unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken.bedeutet nicht, dass das Abendmahl nur für „sündlose Christen“ da ist, sondern gerade für die, die wissen, dass sie einen Heiland brauchen, damit ihr Leben wieder heil und damit ganz wird. In Korinth verwechselte man das Abendmahl mit einer Orgie und ging lieblos miteinander um. Betrunken und buchstäblich vollgefressen feierte man das Abendmahl und dahinein sagt Paulus: So nicht!
Das Abendmahl ist eben ein Gemeinschaftsmahl. Ja es begründet geradezu unsere Gemeinschaft als Christen. Nicht unsere gegenseitige Sympathie, unser anständiges Leben, sondern unser Angewiesensein auf Christus ermöglicht unser Miteinander. Keiner kann für sich allein das Abendmahl feiern. Die Kirche lebt von der Eucharistie. Amen.