Jahreslosung 2004 & Jahreslosung 2005

Als ich mich noch fragte, was ich zur neuen Jahreslosung sagen soll, flimmerten bereits die ersten Schreckensbilder über die Bildschirme, und mehr und mehr wurde mir deutlich, wie eng diese beiden Jesusworte des vergangenen und des nächsten Jahres zusammenhängen, wie ja überhaupt alle Worte der Bibel zueinander gehören und nicht gegeneinander auszuspielen sind. (Markus 13, Vers 31) Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. (Lukas 22, Vers 32) Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.

Einer vom Untergang bedrohten Welt wird die Unzerstörbarkeit der Worte Jesu gegenübergestellt. Und denen die angesichts des unsagbaren Leidens am Glauben irre zu werden drohen, wird die Fürbitte ihres Herrn zugesagt.

Durch die unvorstellbare Katastrophe in Asien und das unsagbare Leid gewinnt diese alte Jahreslosung am Ende dieses Jahres eine geradezu erschreckende Aktualität. Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Zehn Verse vorher kann man in der Endzeitrede Jesu bei Lukas im 25. Vers des 21. Kapitels noch den Hinweis finden: ...auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. 

Das Seebeben im Indischen Ozean war das stärkste Erdbeben seit 40 Jahren. Die Bruchkante tief unter der Küste Sumatras soll 1.200 Kilometer lang sein. Ein gewaltiger Schlag, der den ganzen Planeten erschütterte – wie die heutige Rheinische Post schreibt – und sogar die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne kurzfristig ein kleines bisschen ins Taumeln brachte.

Rheinische Post vom 31.12.2004, Seite A4

Ein Überlebender dieser Katastrophe hat gesagt: „Es war wie beim Jüngsten Gericht!“ und Reporter sprechen von „apokalyptischen Bildern“.

Ganz automatisch bricht angesichts dieser Katastrophe die Frage nach Gott und dem Warum auf. „Wie kann ein liebender Gott solches Unheil zulassen?“

Diese Frage ist nicht zu beantworten und schon gar nicht so, wie es gestern im Brennpunkt der ARD eine Notfallseelsorgerin versuchte, die ihren Kollegen zitierte, der Gott quasi die Schuld dafür in die Schuhe schob und „den Alten“ später dafür einmal zur Rede stellen will.

Da erscheint die Antwort des Journalisten der Rheinischen Post von heute allemal wahrhaftiger und der Situation angemessener. Unter der Überschrift „Wir haben versagt“ fragt er die wohlhabenden Industrienationen, wann wir endlich damit anfangen, Verantwortung für die „Welt da unten“ oder die „Welt da hinten“ zu übernehmen und nicht nur von deren Stränden Besitz ergreifen.

Rheinische Post vom 31.12.2004, Seite A1

Die Jahreslosungen gehören zusammen: Die zerbrechende Welt und der für uns beim Vater eintretende Herr.

Nirgendwo wird in den Endzeitberichten Jesu davon gesprochen, dass Gott der Verursacher dieser Katastrophen ist. Jesus berichtet wie ein Nachrichtensprecher von dem, was geschieht und geschehen wird. Aber er verursacht diese Katastrophen nicht. Die Jahrhundertflut 2002 und auch die Jahrhunderthitze des Jahres 2003, die schmelzenden Gletscher und der steigende Meeresspiegel, die sterbenden Wälder und ähnliches mehr sind menschengemacht und nicht Gott in die Schuhe zu schieben.

Bewundernswert kann man dagegen nur das Wort unseres Bundespräsidenten Horst Köhler nennen, der gestern sagte: „Ich rufe alle auf: Spenden Sie für die Opfer und den Wiederaufbau. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien. Wir fühlen mit ihnen. Viele Menschen beten für sie. Das tue ich auch.“

Rheinische Post vom 31.12.2004, Seite A1

Das ist das, was wir tun können. Indirekt fordert uns dazu auch die neue Jahreslosung auf. Als Christen leben wir von der Fürbitte unseres Herrn, damit wir betend und handelnd für die Menschen einer sterbenden Welt eintreten können. Mit dieser Welt wird es nicht bergauf, sondern nur bergab gehen. Alles andere ist blauäugig und am biblischen Realismus vorbei.

Wir sind als Christen zur Fürbitte aufgerufen. Vielleicht war eine Allianzgebetswoche noch nie so dringend wie in dieser Zeit, wo so viel unfassbares Leid über so viele Menschen gekommen ist.

Auch unsere neue Jahreslosung fordert uns dazu heraus. Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.

Wir leben als Christen davon, dass andere für uns beten und dass wir für andere beten. Vor allem aber leben wir vom Gebet unseres Herrn:

Hebräer 7, Vers 25 (Hoffnung für alle): Und weil Jesus Christus ewig lebt und für uns bei Gott eintritt, wird er auch alle endgültig retten, die durch ihn zu Gott kommen.

1. Johannes 2, Vers 1 (Hoffnung für alle): Meine geliebten Kinder, ich schreibe euch, damit ihr nicht länger sündigt. Sollte aber doch einer Schuld auf sich laden, dann haben wir einen, der selbst ohne jede Sünde ist und beim Vater für uns Sünder eintritt: Jesus Christus.

Unser Hohepriester sitzt im Himmel zur Rechten Gottes des allmächtigen Vaters. So wie Jesus zu seinen Lebzeiten für seine Jünger und besonders für den sich selbst überschätzenden und cholerischen Petrus betete, so tritt Jesus heute für Dich und für mich bei Gott ein. In diesem gewaltigen großartigen Text aus Römer 8, heißt es unter anderem, In Römer 8, Vers3 33 bis 36 (Hoffnung für alle): Wer könnte es wagen, die von Gott Auserwählten anzuklagen? Niemand, denn Gott selbst hat sie von aller Schuld freigesprochen. Wer wollte es wagen, sie zu verurteilen? Keiner, denn Christus ist für sie gestorben, ja noch mehr: Er ist vom Tode auferweckt worden und tritt jetzt vor Gott für uns ein. Was also könnte uns von Christus und seiner Liebe trennen? Leiden und Angst vielleicht? Verfolgung? Hunger? Armut? Gefahr oder gewaltsamer Tod? Gewiß nicht!

Ganz egal, was auch immer geschieht:

- angesichts der Schreckensmeldungen dieser Welt

- durch Hartz IV und weiteren notwendigen Reformen

nichts von all dem kann uns von Gott und seiner Liebe trennen, die uns in Jesus Christus geschenkt ist. Die Liebe Gottes ist uns nicht in Gesundheit und Wohlergehen, in Reichtum und Sicherheit verheißen, sondern einzig und allein in Jesus Christus. Das fühlen wir nicht immer, das spüren nicht oft. Das merken wir manchmal fast nicht, und dennoch dürfen wir es glauben und schwarz auf weiß in der Bibel nachlesen.

Niemand kann uns aus dieser liebenden Hand Gottes herausreißen, auch nichts von all dem, was geschehen wird in einer sterbenden Welt. Dennoch wird keiner zwangsbekehrt oder wider Willen festgehalten. Wie heißt es so richtig in dem Lied „Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer, wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus. Frei sind wir da zu wohnen und zu gehen. Frei sind wir ja zu sagen oder nein.“

Der Himmel wird von Freiwilligen bevölkert, genauso wie die Hölle. Keiner wird gegen seinen Willen zum Glauben gezwungen und niemand wird gegen seinen Willen festgehalten, wie uns die Geschichte von den verlorenen Söhnen und dem liebenden Vater so eindrücklich vor Augen malt.

Wir kamen nach einer ökumenischen Adventsandacht ins Gespräch, und er sagte mir, wie furchtbar er es fände, dass ausgerechnet ein Kreuz das Symbol der Christen, und wie blutverschmiert die christliche Religion eigentlich sei und dass er mit dem stellvertretenden Sterben des Gottessohnes überhaupt nichts anfangen könne. Da ist nichts Lebensbejahendes, Fröhliches und Heiteres. Ich konnte seinen Argumenten nichts entgegen setzen, zumal er auch nichts anderes als das, was er meinte und laut sagte, hören wollte.

Angesichts des unsagbares Leidens gewinnt das Kreuz Christi seine Tiefe. Denn in diesem Kreuz sind alle Kreuze dieser Welt enthalten, auch die über 100.000 Kreuze dieser Flutkatastrophe. In dem Schrei Jesu am Kreuz (Matthäus 27, Vers 46) aus Psalm 22, Vers 2: Eli, Eli, lema sabachtani?, das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? ist alles Leid dieser sterbenden Welt zusammengefasst.

Eine andere Antwort auf das „Warum“ als das Kreuz Christi und sein stellvertretendes Sterben haben wir nicht. Aber durch diese angenagelte und blutüberströmte Liebe können wir leben.

Im Vertrauen darauf, dass Jesus als der auferstandene Herr für uns beim allmächtigen Gott eintritt und so wie zu Petrus damals, zu uns heute sagt: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. können wir getrost und sicheren Schrittes in ein unbekanntes neues Jahr gehen, ganz egal, was auch immer geschieht. Amen.



Krefeld, den 31. Dezember 2004
Pastor Siegfried Ochs



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