Wovon leben wir auf unseren Wegen zwischen den Jahren? Was hielt und trug uns durch das vergangene Jahr? Was wird uns im nächsten Jahr halten und tragen? Wovon leben wir auf unserem Weg durch die Zeit, bis unsere Zeit erfüllt sein wird und wir vor Gott stehen?
In diesem Jahr mussten wir von Ruth Matthäus und Hedwig Fröhlich Abschied nehmen. Ihre Zeit hier war abgelaufen, und eine neue und andere Zeit begann für sie in Gottes Gegenwart.
Wovon leben wir auf unserem Weg durch die Zeit?
Wir leben von den guten Worten Gottes, von seinen Zusagen, letztlich von ihm selbst; denn Gott und sein Wort sind unzertrennlich. In Christus ist es Fleisch geworden und hat uns besucht.
Die positiven Schlagzeilen des alten und des neuen Jahres lauten: Wir sind Papst und wir werden Weltmeister. Aber kann man damit leben? Und vor allen Dingen damit sterben? Die wirklich guten Worte für das alte und das neue Jahr, die so genannten Jahreslosungen klingen da doch ganz anders:
Lukas 22, Vers 32: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre und Josua 1, Vers 5b: Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.Diese Worte wurden einerseits dem sich heillos selbstüberschätzenden Petrus und andererseits dem unsicheren und ängstlichen Josua gesagt. Weil die Bibel uns keine filmreifen Helden serviert, sondern Menschen aus Fleisch und Blut mit Schwächen und Fehlern, mit Grenzen und Versagen, deshalb haben diese alten Worte nicht nur überdauert, sondern haben uns in unserem Heute und Hier etwas zu sagen, lassen uns aufatmen, durchatmen und geben uns Kraft für unseren Weg durch die Zeiten.
Denn mit Petrus verschätzen wir uns doch auch so manches Mal, oder? Schätzen uns falsch ein, überschätzen uns, trauen uns mehr zu, als wir wirklich umsetzen können, überfordern uns selbst und nicht selten auch andere heillos. Wie gut, dass Gott mit solchen Cholerikern trotzdem sein Reich baut und solche Versager gebrauchen kann. Ist das nicht eine gute Nachricht?
Und falls wir eher zu den Stillen im Lande gehören sollten, zu den ängstlichen und unsicheren Zeitgenossen, zu denen, die sich nichts zutrauen und denen man nicht nur einmal, sondern gleich dreimal Mut zusprechen muss, bevor sie überhaupt etwas wagen, dann sind wir bei Josua in bester Gesellschaft.
Ich finde es faszinierend, dass für Gott unser Charakter nicht die Hauptrolle spielt und er sowohl die Starken als auch die Schwachen, die dominanten Führungspersönlichkeiten, aber eben auch die unsicheren Zweit- und Drittligisten in seinem Reich einsetzen kann.
Nicht die forschen, starken Petrustypen haben die besten Karten bei Gott. Aber auch die Demütigen aus der zweiten Reihe werden nicht automatisch von Gott ins Spielfeld geschickt. Es liegt nicht an unserer Persönlichkeit, ob wir eher Petrus- oder Josua-Typen sind, mutig oder ängstlich, es liegt einzig und allein an Gott, der uns rausruft aus dem alten Trott und den eingefahrenen Wegen und damit zugleich ja auch immer hineinruft in sein Reich, seine Nachfolge und damit für den Dienst beruft und befähigt.
Nur eins müssen wir machen, wenn Gott uns so ruft. Wir müssen ihm glauben, seinem Wort vertrauen und ihn beim Wort nehmen, uns auf sein Wort ohne Wenn und Aber verlassen und es auf dieses Wort hin wagen.
Gestern war ich mit meinem Wagen noch in der Waschstraße. Ich weiß nicht, ob Sie Waschstraßen mögen? Mich beschleicht dabei zumindest immer so ein etwas seltsames Gefühl. Eingeschlossen und der Maschine völlig ausgeliefert kann man nichts anderes machen, als abzuwarten und darauf zu vertrauen, dass man aus dieser Geschichte wieder einmal heil und unbeschadet herauskommt. Besonders liebe ich den Hinweis kurz vor Ende der Waschstraße, wenn diese bedrohlich aussehende Sperre, diese Heißluftdüse unmittelbar vor dem Fenster erscheint und da draufsteht: „Bitte nicht bremsen. Geht automatisch nach oben!“
Und jedes Mal spüre ich die Frage in mir: „Glaubst du das jetzt? Vertraust Du diesem seelenlosen Kasten?“
An so vielen Stellen in unserem Leben investieren wir Glauben und Vertrauen, ob in der Waschstraße oder beim Öffentlichen Nahverkehr. Weshalb fällt uns das eigentlich bei Gott und seinen Worten so schwer, wenn er uns mit der alten Losung sagte:
Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre oder mit dem Motto für 2006: Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.Blenden wir noch einmal zurück, nehmen wir noch einmal diese alten 365 Tage des Jahres 2005 in den Blick. Woran liegt es, dass wir immer noch glauben und dabei geblieben sind und jetzt in diesem Gottesdienst hier sitzen? An unserer konsequenten Ausdauer, an unserem eisernen Willen und den Durchhalteparolen?
Ich weiß zumindest, dass ich schon so oft kurz davor stand, alles über Bord zu werfen, Beruf und Glauben, manchmal sogar mein eigenes Leben. Nein, rückblickend weiß ich, es lag nicht an mir, an meiner Stärke, meiner Entschlossenheit oder was auch immer ich da ins Feld führen könnte. Es lag einzig und allein an IHM, dem Anfänger und auch dem Vollender des Glaubens, an Jesus selbst, dem Heiland der Welt und eben auch meinem Heiland, den ich für mein bruchstückhaftes Leben so bitter nötig brauche.
Erinnern wir uns doch nur an Petrus. Was ließ ihn durchhalten? Seine Kraft, sein Mut, sein vorschnelles Handeln? Wenn es allein auf ihn und seine Kraft angekommen wäre, hätten wir nie etwas von ihm erfahren. Es kam auf Jesus an, auf sein Gebet für seinen Diener, der damals, als Jesus dieses Wort sagte, schon wieder völlig aus dem Ruder lief und nichts, absolut nichts verstand. Nur einen Satz weiter verspricht Petrus seinem Herrn die Treue bis ins Grab und keine 24 Verse und nur wenige Stunden später kräht dann der Hahn.
Blenden wir zurück, damit wir das nicht übersehen und vergessen: Wir leben von Seiner Treue und davon, dass andere für uns beten, wenn wieder mal alles ins Wanken gerät: Glaube, Familie, Gemeinde und sogar das eigene Leben. Es ist nicht unser Verdienst, sondern seine Gnade, die einen Petrus und uns durchhalten lässt. Wie oft haben mir das Kranke, manchmal sogar Schwerstkranke aus unserer Gemeinde berichtet: Ich habe gemerkt und gespürt, dass für mich gebetet wurde. Manchmal denke ich, wir haben die Macht der Fürbitte noch nicht wirklich entdeckt.
Wagen wir den Blick in das unbekannte Land 2006. Auch Josua stand vor einem fremden unbekannten Land. Mose war tot und er sollte das Volk jetzt ins gelobte Land führen. Ich kann seine Fragen hören: Wird das Volk mir folgen? Bin ich dieser Aufgabe gewachsen? Kann ich mich auf diese Zusage Gottes verlassen? Fragen über Fragen, ängstliche Fragen, bohrende Fragen, dunkle Fragen, Fragen so schwer wie der vor ihm liegende Auftrag.
Was hat er in der Hand? Letztendlich nichts, bis auf dieses eine Wort Gottes:
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht, und er hat die Hosen voll. Dreimal muss Gott anschließend dem zaghaften Angsthasen sagen: Sei mutig und stark (Josua 1 Vers 6, Vers 7 und Vers 9).Sicherlich hatte er seine Erfahrungen unter Mose gemacht. Als er gegen Amalek kämpfte, während Mose und Hur oben auf dem Berg beteten
(2. Mose 17, Vers 8 bis 16). Neben Kaleb war er der einzige der 12 Kundschafter, die es für möglich hielten, Kanaan einzunehmen (4. Mose 14, Vers 6 bis 10) und dafür wäre er fast vom Volk gesteinigt worden.Aber jetzt war Mose tot und er sollte nicht mehr in der zweiten Reihe, sondern allein in der ersten Reihe stehen. Er musste die Last der Verantwortung spüren. Er sollte jetzt der Führer des Volkes Israel in ein unbekanntes und umkämpftes Land sein, allein auf sich und dieses Wort des lebendigen Gottes gestellt. Da können einem schon die Knie schlottern, mit der Last dieser Verantwortung.
Wie geht es Dir beim Blick ins neue Jahr, dem unbekannten Land 2006? Was kommt auf uns zu? Was wird sich verändern? Welche Herausforderungen erwarten uns?
Worauf verlassen wir uns? Auf unsere Kraft, unseren Mut, unser Geschick, unsere Weisheit? Dann könnten wir schnell mit Petrus beim Hahnenschrei enden! Dorthin hatte seine menschliche Kraft ihn nämlich gebracht! Oder verlassen wir uns auf den lebendigen Gott, der nicht nur einem ängstlichen Josua, sondern jedem von uns sagt:
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht, und behalten wir den nächsten Satz dabei ruhig im Ohr und vor allem im Auge: Sei mutig und stark!Wie sagte mal jemand: Mit Gott kann ich über Mauern springen und: Mit Gott bin ich immer in der Mehrzahl!
Das neue Jahr lässt sich nicht aufhalten. Auf die meisten Ereignisse des neuen Jahres werden wir keinen Einfluss haben. Aber eins können wir, völlig losgelöst von unseren äußeren Lebensumständen: Wir können Gott vertrauen und ihn beim Wort nehmen, so wie ein Josua auf den Weg in ein unbekanntes gefährliches Land. Wir können ihm glauben, dass er mitgeht und seine Zusage gilt:
Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht. Amen.