Weihnachten: Gott kommt an und lässt uns aufhorchen

Weihnachten ist neben vielem anderen sicherlich auch die Zeit der Geschenksuche und der damit verbundenen Einkaufshektik.

Da Pastoren - aller anderslautender Legenden zum Trotz - auch ganz normale Menschen sind, kommt unsereins an diesem alljährlich wiederkehrenden „Geschenke-suchenden-Einkaufs-Trip“ ebenfalls nicht vorbei! So war ich also unterwegs und verlor mich - wie kann es anders sein - in einem Bücherladen und fand, ohne dass ich danach suchte, die Autobiographie Gottes oder besser gesagt: Den Roman von Franco Ferrucci „Die Schöpfung - das Leben Gottes, von ihm selbst erzählt!“

Ein interessantes Buch, so dass selbst Umberto Eco sagt: „Glücklich der Leser“.

Dass man beim Lesen dieses Buches glücklich werden kann, halte ich allerdings für ein Gerücht, denn Ferrucci beschreibt uns Gott als vergesslichen alten Mann, der nach jahrmillionenlanger Abwesenheit im All zu seinem Lieblingsplanenten zurückkehrt und entdeckt, dass aus den Affen ohne sein Zutun die Menschen entstanden sind. Er möchte die Menschen verstehen lernen, mischt sich deshalb unter sie, fühlt sich letztlich aber als ein Fremder in der von ihm geschaffenen Welt und zieht sich am Ende enttäuscht zurück zu einem seiner Ausflüge in die Unendlichkeit der Galaxie.

Ferruccis Gott ist nicht nur vergesslich, er ist auch weder allwissend noch allmächtig, geschweige denn unfehlbar. Und für mich das schlimmste: Ferrucci's Gott ist weltabwesend, schaut dem Treiben der Menschen unbeteiligt zu und überlässt sie sich selbst: Für lange Zeit vergesse ich, dass ich Gott bin. Das Gedächtnis ist nicht meine starke Seite, und ich muss ihm auf alle erdenkliche Weise nachhelfen.

Das letzte Mal, als die Erinnerung wiederkehrte, befand ich mich gerade in einer Periode der Niedergeschlagenheit und Langeweile. Aber eines Abends gab es im Fernsehen eine wahre Explosion von Ereignissen: ein Vulkan war ausgebrochen und verströmte seine Lava; in den Alpen gab es ein Skirennen zu sehen; ein Film zeigte Paris vor vierzig Jahren; es folgten Szenen aus dem Leben indischer Kinder, dann wurde eine Jagd in Ecuador gezeigt, ein Büro in Ottawa, die Direktübertragung einer Herzoperation und ein Dokumentarfilm über Nordseefische. So zog das Leben an mir vorbei und versetzte mich in einen hypnotischen Zustand, der mein Gedächtnis belebte. Als nun die Kamera um eine Blume am Meeresboden kreiste, entsann ich mich, dass ich das alles geschaffen hatte, und seitdem fühle ich mich wieder wie am Anfang: voller Sehnsucht nach dem Frühling und nach einem weit offenen Himmel.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, erinnerte ich mich an die Kindheit und die Wärme langvergangener Zeiten. Ich stellte fest, dass der Winter Risse zeigte wie eine Hülle, die nicht mehr hält. So wie ich, ging auch die Welt von einem Zustand in den anderen über.

© Franco Ferrucci, Die Schöpfung, Frankfurt am Main 1990, Seite 9

Ein interessantes Buch und erschreckend zugleich. Denn Ferrucci spricht das aus, was viele denken: Gott ist weltabwesend und an uns letztlich nicht interessiert. Er befindet sich auf Sternenreise und ist damit aller menschlicher Wirklichkeit entflohen.

Ich glaube, dass wir Christen an dieser Gottesvorstellung unserer Zeitgenossen nicht ganz unschuldig sind. Hinterlassen wir durch unseren Lebensstil bei anderen nicht oft den Eindruck, dass Gott in unserem Alltag nicht mehr wirklich etwas zu sagen hat?

Und so wiederholt sich die alte Geschichte. Schon einmal hieß es „Kein Platz in Bethlehem“. So haben auch wir heute oft keinen Platz mehr für Gott und vertrösten ihn, uns und andere auf ein Morgen und den Himmel!

Doch so wird Weihnachten sinnentleert und verkommt zum bürgerlichen Gedenkfest mit Milliardenumsatz! Laut einer aktuellen repräsentativen Umfrage, die der „stern“ in Auftrag gegeben hat, weiß jeder zehnte Deutsche nicht mehr, weshalb eigentlich Weihnachten gefeiert wird. Wenn wir diese Zahl auf die Krefelder Verhältnisse übertragen, hätten wir es allein in unserer Stadt mit rund 24.000 völlig Ahnungslosen zu tun.

Und dann werden für „Ahnungslose“ und „Wissende“ auch noch an einem Sonntag die Geschäfte geöffnet, damit die Sinnentleerung dieses Festes so richtig Konjunktur feiern kann. Wie ganz anders ist in Wahrheit aber Weihnachten! Weihnachten heißt: Gott kommt an und lässt uns aufhorchen!

Johannes, der Täufer bringt's auf den Punkt, Matthäus 3, Vers 1 bis 3 (Hoffnung für alle): In dieser Zeit fing Johannes der Täufer an, in der judäischen Wüste zu predigen. Sein Hauptthema war: «Ändert euch von Grund auf! Kehrt um zu Gott! Denn jetzt beginnt die Herrschaft Gottes.» Der Prophet Jesaja hatte die Aufgabe des Johannes vorausschauend so beschrieben: «Ich höre jemand in der Wüste rufen: `Macht den Weg frei für den Herrn! Räumt alle Hindernisse hinweg!'»

Johannes, der Täufer ist der Wegbereiter Jesu. Er ist neudeutsch gesagt, der Unterhändler in Sachen Reich Gottes, der Botschafter Jesu, der Außenminister Gottes. - So verstehen wir besser, was sein Auftrag war. So wird er seinem Vater Zacharias angekündigt, Lukas 1, Vers 17 (Hoffnung für alle): Entschlossen und stark wie der Prophet Elia wird er das Kommen des Messias vorbereiten: Wie die Väter werden auch die Söhne wieder Gott dienen und die Ungehorsamen wieder Gottes Willen erfüllen. Das ganze Volk wird bereit sein, den Herrn zu empfangen.» und so sagt es Zacharias selbst, nach der Geburt seines Sohnes und getrieben vom Heiligen Geist, Lukas 1, Vers 76 (Hoffnung für alle): Und dich, mein Sohn, wird man einen Propheten des Höchsten nennen. Du wirst vor dem Herrn hergehen und sein Kommen vorbereiten.

So wie in der heutigen Politik jeder Präsident und Kanzler - ob Bush, Merkel oder Putin erst einmal ihre Unterhändler und Außenminister ausschicken, um anstehende Treffen der Supermächte und deren Präsidenten vorzubereiten, so auch Gott!

Bevor Gott in Jesus auf diese Welt kommt, schickt er Johannes, den Täufer als Unterhändler und Außenminister zur Vorbereitung los. Er ist der Wegbereiter und seine Botschaft - ca. 22 Jahre nach der Geburt Jesu gesprochen - ist wie das Wort der Engel an die Hirten, Weihnachtsbotschaft!

Es ist allerdings keine Weihnachtsbotschaft, die zum typisch deutschen Warenumtauschfest passt! Sie lässt uns nicht sentimental werden und abrutschen in Kitsch und Nostalgie. Sie ist nichts für den Durchschnittschristen, der bürgerlich verweichlicht die Marktwirtschaft preist und Gott aus dem Alltag dieser Welt in den Himmel verbannt.

Die Botschaft des Johannes, die Weihnachtsbotschaft des Außenministers Gottes heißt: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe! Mit dieser Weihnachtsbotschaft weist Johannes auf Jesus hin, der auf die Frage der Pharisäer, wann das Reich Gottes kommt, antwortet, Lukas 17, Verse 20 bis 21 (Hoffnung für alle): «Das Reich Gottes kann man nicht sehen, wie man ein irdisches Reich sieht. Niemand wird euch sagen können: `Hier ist es!' oder `Dort ist es!' Das Reich Gottes ist schon jetzt da - mitten unter euch.»

Johannes sagt: Das Reich Gottes ist nahe, Jesus sagt: Das Reich Gottes ist da und mitten unter euch! Oder anders gesagt: Der Unterhändler Johannes kündigt an, was Jesus bringt: Das Reich Gottes! Mit der Ankunft Gottes in dieser Welt - Weihnachten - kommt der Himmel auf die Erde! So singt es auch Jürgen Werth:

Der Himmel ist nicht oben, seit Jesus ist er hier. Die Grenzen sind verschoben, geöffnet ist die Tür.

Das Wunder ist geschehen: Gott selbst hat uns besucht. Und jeder kann ihn sehen, der es mit ihm versucht.

und weiter heißt es:

Er hat ein Ziel gegeben, das alle Mühen lohnt, lehrt uns den Himmel leben, der jetzt schon bei uns wohnt.

© Jürgen Werth, Wert(h)brief, Brendow-Verlag, Moers 1981, Seite 26 - 27

Die Weihnachtsbotschaft des Johannes stellt alles auf den Kopf! Indem Gott in Jesus Mensch wird, kommt der Himmel auf die Erde, bricht das Reich Gottes in dieser Welt und Wirklichkeit an!

Der Himmel beginnt also nicht erst nach dem Tod, der Himmel ist seit Jesus hier in dieser Welt. Weihnachten wurde nicht nur der Retter geboren, mit Weihnachten kam der Himmel auf die Erde. Und seit damals wird diese Welt und Wirklichkeit unbemerkt und unscheinbar vom Reich Gottes durchdrungen, bis es eines Tages vollkommen sichtbar, alles beherrschen und durchdringen wird, wenn Jesus sichtbar wiederkommt, wenn das Alte vergeht und Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schafft!

Mit Jesus bricht die Ewigkeit in die Zeit hinein, das Reich Gottes kommt auf die Erde, schafft sich Raum und breitet sich aus!

So ist Gott also nicht weltabwesend und weit weg - wie Ferrucci uns einreden will, oder wie wir es uns selbst oft einreden oder einreden lassen - sondern weltzugewandt und mitten drin im Alltag der Menschen. Denn das Reich Gottes ist mit Jesus angebrochen.

Dieser Begriff „Reich Gottes“ oder nach Matthäus „Himmelreich“ ist einer der zentralsten Begriffe des Neuen Testaments.

Der erste Satz Jesu nach Markus heißt, Markus 1, Vers 15 (Hoffnung für alle): Jetzt ist Gottes Stunde gekommen. Seine Königsherrschaft wird nun aufgerichtet. Ändert euch von Grund auf! Kehrt um zu Gott und nehmt seine Heilsbotschaft im Glauben an!

Dieser Begriff Reich Gottes ist also kein Fachwort für Theologen, sondern gehört zum christlichen Einmaleins. Umso erschreckender ist es für mich, dass kaum ein Christ etwas mit diesem Begriff anfangen kann. Und dann beten wir - wie Jesus es uns lehrte: „Dein Reich komme!“ und wissen kaum etwas über dieses Reich, das da gekommen ist und kommen wird, und laut unserem Gebet ja auch kommen soll!

Reich Gottes ist dort, wo Jesus herrscht! Auf diesen einfachen Nenner lässt sich dieser komplizierte Begriff am besten bringen.

Wo herrscht Jesus jetzt am 17. Dezember 2006?

Im Himmel und auf der Erde bei denen, die ihn herrschen lassen! Aber auch dort, wo sein Herrschaftsreich verkündigt wird, wo dafür gebetet, gearbeitet, geglaubt, gelitten, gekämpft, gehofft und geträumt wird: in der Werkstatt Gottes - der Gemeinde!

Dort, wo einer Christus herrschen lässt, ist das Reich Gottes in dieser Welt. Wo es also zu einer persönlichen Beziehung zu Christus kommt, ist Reich Gottes - und - wo Gottes Leute sind, ist auch sein Reich. Wo Christen sind, ist Gottes Reich in dieser Welt, dort ist der Himmel und die Ewigkeit!

Also herzlich willkommen im Reich Gottes, im Himmelreich, wo Gott das Sagen hat, wo er durch uns zum Zuge kommen will!

Und wenn wir nachher wieder gehen - in den Ehealltag, wo der Partner nicht glaubt - am Montag zurück an den Arbeitsplatz, in die Geschäfte, in die Schulen, in die Welt - dann gehen wir ins Reich Gottes bei Knuffmann, ins Reich Gottes im Gymnasium, ins Reich Gottes im Lidl und Aldi - und wenn wir krank werden - dann gehen wir ins Reich Gottes im Krankenhaus.

Wo Christen sind ist das Reich Gottes in dieser Welt. Dieses Reich brachte Jesus Weihnachten mit. Johannes kündigte es an. Jesus kam und starb dafür. Wer Jesus persönlich nimmt und Christ wird, wird Bewohner der neuen Welt Gottes, Kind Gottes und Bürger des Reiches Gottes!

Christen leben im Reich Gottes und wo Christen sind ist das Reich Gottes in dieser Welt. Denn ein Mensch, der sich mit und durch Christus beschenken lässt, indem er Christ wird, wird auch mit dem Reich des Christus, mit dem Reich Gottes beschenkt! Christen leben im Reich Gottes, überall, lebenslang und ohne Ende! So sagte es Jesus, so lautet der letzte Satz Jesu nach Matthäus, Matthäus 28, Vers 20 (Hoffnung für alle): Ihr dürft sicher sein: Ich bin immer und überall bei euch, bis an das Ende dieser Welt! Doch was sollen wir damit - mit diesem Reich, mit dem wir überreich beschenkt sind?

Wolfgang Vorländer formuliert es in diesem wichtigen Buch „Gelebte Hoffnung“ so: Die Gemeinde des auferstandenen und wiederkommenden Herrn ist die sichtbare Voranzeige der neuen Welt Gottes inmitten des alten Äons. Sie ist Brückenkopf und Platzhalter des Reiches Gottes inmitten des alten Äons. Sie ist die Reichsgenossenschaft Jesu Christi gegenüber den Großgrundbesitzern dieser Welt und gegenüber der Masse derer, die ihr Leben „als Kleinunternehmen in privater Hand“ verstehen. Kraft des Geistes Gottes ist sie in ihrem bloßen Dasein die prophetische Kundgebung des kommenden Machtwechsels und der kommenden neuen Gesellschaft aus „allen Nationen, Stämmen, Völkern und Sprachen“ (Offenbarung 7, Vers 9). Sie hat teil am königlichen, priesterlichen und prophetischen Amt Jesu Christi, denn sie ist Teil des Königs, Priesters und Propheten Jesus Christus: sie ist sein Leib!"

Wolfgang Vorländer, Gelebte Hoffnung, Neukirchen-Vluyn 1988, Seite 73

Indem die Welt für Christus beansprucht wird, entstehen also zunächst Gemeinden. Sie sind Stützpunkt der kommenden Gottesherrschaft und darin Gegenmodell zu den Herrschaften dieser Welt (vergleiche Markus 10, 42 - 44). In ihnen soll sichtbar werden, auf welchen Machtwechsel die Geschichte zuläuft. In ihnen, in diesen kleinen Basisgemeinden des Reiches Gottes, sollen die Völker ihre eigene Zukunft und ihre eigene Berufung erkennen. Als Körperschaften österlichen Rechtes verkörpert die Gemeinde den Ostersieg Jesu Christi über die gesamte Völkerwelt.

Wolfgang Vorländer, Gelebte Hoffnung, Neukirchen-Vluyn 1988, Seite 77

Das sollen wir damit! Uns so verstehen und genauso leben lernen: Als Körperschaft österlichen Rechts verkörpern wir den Ostersieg Christi über die gesamte Völkerwelt!

Jesus holte den Himmel auf die Erde, und wir dürfen aus Gottes Zukunft heraus im Heute und Hier leben lernen! Christen sollen modellhaft vorleben, wie es im Himmel sein wird! Durch uns soll die Welt den Himmel buchstäblich zu schmecken bekommen, sicherlich unvollkommen, aber eben doch in der Kraft des Ostersieges Christi und als Körperschaft österlichen Rechtes.

Konkret bedeutet das z.B. den Menschen die Tränen abzuwischen, so wie Gott uns eines Tages die Tränen abwischen wird, Frieden leben und dafür eintreten, so wie eines Tages vollkommener Friede zwischen allen Menschen sein wird. Ansatzweise den Himmel vorleben, auf den wir hin leben!

Das Reich Gottes ist ein Reich der Gerechtigkeit und nicht der deutschen Überheblichkeit! Das Reich Gottes besteht aus allen Völkern, ist grenzenlos international, besteht aus allen Altersschichten und aus Männern und Frauen gleichberechtigt, ist grenzenlos überkonfessionell und wahrhaft ökumenisch.

So wie Jesus den Himmel auf die Erde holte und vorlebte, was im Reich Gottes gilt, indem er sich immer zuerst um die Schwachen, Ausgestoßenen, Randsiedler, Asozialen, Ausländer usw. kümmerte, so sollen wir es ihm gleich tun!

Durch uns Christen soll die Welt den Himmel zu schmecken bekommen.

Immer wieder treffe ich auf Christen, die dem Reich Gottes durch kraftvolle und eindrucksvolle Demonstrationen zum Durchbruch verhelfen wollen. Manche meinen, dem Reich Gottes durch das Austreiben ganzer Dämonenstämme zum Durchbruch verhelfen zu müssen. Andere sehen den Schlüssel eher in einer besonderen Form von vollmächtigen Anbetungsliedern. Daneben gibt es wieder andere, die ihren Verstand fast mit Gott verwechseln und alles Übernatürliche und Unerklärliche als schwärmerisch abtun. Wenn wir uns die Quellen genau anschauen, die wir haben: das Neue Testament und vor allem die vier Evangelien, dann ist gerade nicht die Stärke, sondern die Schwäche das entscheidende Prinzip des Reiches Gottes! Gott kam nicht in Macht, sondern ohnmächtig, hilflos und geradezu schutzlos in dieser Welt und in Bethlehem an. Weder Johannes, der Unterhändler, noch die 12 Jünger Jesu überzeugten durch ihre Ausstrahlung, ihr Können oder ihr Wissen. Es ist Gottes Prinzip bis heute, das Unscheinbare und Schwache auszuerwählen, um so allem menschlichen Größenwahn die göttliche Logik der total verwundbaren Liebe entgegenzusetzen.

Nicht unsere Schwäche und Armseligkeit hindern Gott daran zu seinem Ziel zu kommen. Es ist genau umgekehrt: Unser Stolz und unsere scheinbare Stärke, unser Wissen, unser „ÜberdenDingenstehen“ kann Gott nicht gebrauchen. Jesus beginnt die Bergpredigt nicht mit dem Satz: „Selig die stark sind, denn ihnen gehört das Himmelreich!“, sondern, Matthäus 5, Vers 3 (Einheitsübersetzung): Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.

Mit dem Unterhändler Johannes fängt das Weihnachtsfest an, und es fängt unbequem an! Keine romantische deutsche Weihnacht mit entsprechender Billigbotschaft, sondern: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!

Dieses „Kehrt um“ ist aber keine Höllendrohbotschaft für Nichtchristen, sondern Jesu aufrüttelnder Appell an alle, die die Bibel kennen, damals und heute!

Im Januar wird im Johannis-Verlag das aufrüttelnde Buch des Fernsehjournalisten Markus Spieker aus Berlin erscheinen: „Mehrwert. Glauben in heftigen Zeiten.“

In seinem neuen Buch spricht er sich massiv gegen ein Christentum aus, das sich an den Zeitgeist verkauft hat und in der neuen religiösen Offenheit schon so etwas wie Erweckung sieht. Die Realität ist für ihn, dass man zwar einer, wie auch immer geartete religiöse Betätigung nachgeht, aber Gott letztlich dabei völlig unter den Tisch fällt. Es geht nur noch um die Frage: „Wie bekomme ich ein perfektes Wochenende.“

Er schreibt: Deshalb bin ich überzeugt: Wir brauchen nicht mehr Werte, sondern den entscheidenden Mehrwert: den christlichen Maßstab. Wir brauchen Menschen, die diesen Maßstab furchtlos kommunizieren und die daraus abzuleitenden Werte konsequent leben. Menschen, die nicht mit dem Glauben flirten, sondern Jesus Christus lieben.

© Markus Spieker, IDEA vom 13.12.2006, Seite 17

Uneingeschränkt kann ich dem, was ich bisher von diesem Buch kenne, nicht zustimmen. Aber Spieker legt seinen Finger auf unsere christliche Oberflächlichkeit und zeigt auf, wie belanglos der Glaube auch für Christen geworden ist und erklärt somit, weshalb viele Zeitgenossen wie Ferrucci Gott für unwesentlich und weltabgewandt halten müssen.

Geistliche Vollmacht lässt sich für Jesus nicht an Erfolg oder Einfluss ablesen, sondern zeichnet sich durch Opferbereitschaft und Hingabe aus. Die ersten drei Bitten des Vaterunsers wollen eben von uns nicht nur gebetet, sondern auch gelebt werden:

- Gott wirklich ernst zu nehmen

- sich für das Reich Gottes zu investieren

- den Willen Gottes aktiv im eigenen Leben umsetzen

Deshalb lade ein zum Aufhorchen, zum bewussten Leben im Reich Gottes. Ich lade ein, mit mir zu verweigern!

Denn ich verweigere mich aufgrund des Reiches Gottes, indem ich das ernst nehmen will, was Jesus gesagt und gelebt hat:

1. Ich verweigere mich jeglichem Erfolgsdenken und jeglichem Leistungsdruck, ob marktwirtschaftlich gefordert, oder christlich garniert! Ich lebe als ein mit und durch Jesus Beschenkter frei von jedem „Du musst“ und „Du sollst“! Nicht meine Stärke ist für Gott entscheidend, sondern das Zugeben meiner Armseligkeit!

2. Ich verweigere mich jeglicher Be- und Verurteilung und jeglicher Abgrenzung, ob gesellschaftlich gerade an der Tagesordnung oder für christlich erklärt. Ich lebe Jesus folgend zwischen den Stühlen einer gerichtsreifen Welt und einer unvollkommenen Gemeinde!

3. Ich verweigere mich jeglicher Resignation und jeglicher Perspektivlosigkeit, ob politisch gerade schick oder angeblich demütig christlich. Ich lebe, träume und kämpfe mit Jesus für eine Gemeinde die zeichenhaft in dieser Welt als Salz und Licht durchdringend wirkt und dabei zugleich immer armselig bleibt, indem Christen miteinander auf Gott hören, beten, arbeiten und feiern!

4. Ich verweigere mich jeglicher angepasster Bürgerlichkeit und jeglicher Konsumentenhaltung, ob durch die Werbung gefördert, oder als scheinbare christliche Tugend erklärt. Ich lebe zukunftsorientiert auf Gottes neue Welt hin, die mit Jesus in dieser alten Welt Gottes schon Fuß gefasst hat, indem ich Jesus in meinem Leben konkurrenzlos wichtig werden lasse!

Das will ich leben lernen im Wissen um meine eigene Sündhaftigkeit! Denn es wird Weihnachten: Gott kommt an und lässt mich aufhorchen! Amen.



Krefeld, den 17. Dezember 2006
Pastor Siegfried Ochs



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