Kennen Sie Murphys Gesetz: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen“? Aber ganz genau genommen hat der amerikanische Ingenieur Edward Murphy gesagt: „Wenn es zwei oder mehrere Arten gibt, etwas zu erledigen, und eine davon kann in einer Katastrophe enden, so wird jemand diese Art wählen.“
© http://de.wikipedia.org/wiki/Murphys_Gesetz
Gestatten, mein Name ist Schwarzblick. Die „Katastrophendenker“ leben ganz nach Murphys Gesetz, wie es sich uns fest eingeprägt hat: „Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen“ Manche haben den Satz auch noch verfeinert. Sie sagen: „Besser das Schlimmste annehmen, dann kann man immer noch positiv überrascht werden!“
Stavemann stellt uns in seinem Buch die Katastrophendenker wie folgt vor:
Sie demonstrieren uns, wie man die Konsequenzen bestimmter Situationen extrem pessimistisch vorhersagt und Katastrophenerwartungen pflegt. Die Gefühlsreaktion lässt dann nicht lange auf sich warten. Die Stimmung ist mies. Angst und Niedergeschlagenheit hängen bleischwer in der Luft. ...Wenn aus „lästig“ „äußerst unangenehm“ und aus „sehr schlimm“ nun „unerträglich, entsetzlich und katastrophal“ wird, machen wir auf der emotionalen Ebene schnell aus einer Mücke einen Elefanten. ...
Wenn wir genau nachdenken, gibt es wenig auf der Welt, was man nicht ertragen kann: Dazu gehören ausschließlich die Situationen, Krankheiten oder Ereignisse, die wir nicht überleben können. In solchen Fällen wäre Katastrophendenken noch verständlich.
Aber zum Glück handelt es sich meist nicht um derart lebensbedrohende Ereignisse, wenn wir „katastrophisieren“.
Egal, wie unerwünscht oder schlimm eine Situation auch für uns sein mag: Sie ist oder wäre genau das. Auch wenn wir sie extrem schlimm und unerwünscht fänden, wird sie deswegen nicht unerträglich, katastrophal, furchtbar oder entsetzlich.
Letzteres führt zu Panik oder Deprimiertheit und meint inhaltlich weit mehr als unerwünscht oder schlimm. Es hat eine darüber hinausgehende, fast magische, lähmende Bedeutung, die – realistisch betrachtet – selten gerechtfertigt ist.
© Harlich H. Stavemann, Im Gefühlsdschungel, Seite 74 - 78
Gestatten, mein Name ist Schwarzblick. So wie es Menschen und Christen gibt, die die Welt rosarot sehen und vor sich her optimisteln, gibt es eben auch die anderen mit dem Tunnelblick, die immer nur schwarz sehen, die nächste Katastrophe um die Ecke erwarten und zu allem und jedem immer nur ein negatives „Aber“ parat haben.
Von Hause aus bin ich auch eher ein Pessimist als ein Optimist. Lange Jahre habe ich mich gedanklich im Vorfeld immer auf einen möglichen Supergau bei allen möglichen Dingen und Personen eingestellt. Auf die Dauer ist diese Art zu leben allerdings äußerst anstrengend, weil man gedanklich ständig alle möglichen Horrorszenarien mit sich selbst durchspricht. Kennen Sie diese gedanklichen Zwiegespräche mit sich selbst? Katastrophendenken ist daneben ein Beziehungskiller und wirkt nicht gerade motivierend auf Andere.
Statt alles im Vorfeld negativ zu bewerten und sich und andere damit festzulegen oder Luftschlösser zu bauen und alles immer nur toll zu finden, sind wir biblisch gesprochen dazu eingeladen, gelassen zu leben.
So sagt es zumindest der Prediger, eins der Weisheitsbücher der Bibel.
Prediger 9, Vers 7 bis 9a (Gute Nachricht): Darum iss dein Brot und trink deinen Wein und sei fröhlich dabei! So hat es Gott für die Menschen vorgesehen, und so gefällt es ihm. Nimm das Leben als ein Fest: Trag immer frisch gewaschene Kleider und sprenge duftendes Öl auf dein Haar! Genieße jeden Tag mit der Frau, die du liebst, solange dieses flüchtige Leben dauert, das Gott dir geschenkt hat.Nimm das Leben als ein Fest, ganz egal wie die äußeren Umstände auch immer sein mögen. Mach jeden Tag zu Deinem Festtag. Diesen Gedanken hat Christian Schwarz in seinem empfehlenswerten Buch „Anleitung für christliche Lebenskünstler“ hervorragend entfaltet.
Von Paulus lesen wir ähnliches, wenn er schreibt,
Philipper 4, Vers 11b bis 13 (Gute Nachricht): Ich habe gelernt, in jeder Lage zurechtzukommen und nicht von äußeren Umständen abhängig zu sein: Ich kann Not leiden, ich kann im Wohlstand leben; mit jeder Lage bin ich vertraut. Ich kenne Sattsein und Hungern, ich kenne Mangel und Überfluss. Allem bin ich gewachsen durch den, der mich stark macht.Die heilige Teresa von Avila war einmal zu einem Festessen geladen und langte mit sichtlichem Appetit zu. Daraufhin sprach sie jemand an: Ob es sich schicke, dass sie als Ordensfrau so genießerisch speise. Sie brachte ihre Einstellung auf den Punkt mit dem Spruch: „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn, wenn Fasten, dann Fasten.“
© Richard Rohr, Vom Glanz des Unscheinbaren, Seite 81
Von Philipp Spitta stammt folgendes Kirchenlied, zudem Luther die Melodie lieferte:
Ich steh in meines Herren Hand und will drin stehen bleiben; nicht Erdennot, nicht Erdentand soll mich daraus vertreiben. Und wenn zerfällt die ganze Welt, wer sich an ihn und wen er hält, wird wohlbehalten bleiben.© Feiern und Loben, Nummer 399, Strophe 1
Das meinte Paulus mit seiner Aussage:
Philipper 4, Vers 11b (Gute Nachricht): Ich habe gelernt, in jeder Lage zurechtzukommen und nicht von äußeren Umständen abhängig zu sein.Wenn ich mich von meinen äußeren Lebensumständen abhängig mache – ganz egal wie sie auch immer sein mögen – habe ich in Wahrheit aufgehört zu leben und mich in die Abhängigkeit anderer Menschen, Situationen oder Sachen begeben.
Als Christen stehen wir daneben doch in der Hand eines Anderen. Wir können gelassen leben, weil Gott uns unser Leben nicht nur geschenkt hat, sondern es auch in seinen Händen hält. Selbst wenn es in unserem Leben drunter und drüber geht und wir kurz davor stehen, Murphys Gesetz doch zu unserem Lebensprinzip zu erklären und zum Katastrophendenker zu mutieren, sollten wir die dritte Strophe dieses alten Kirchenliedes einmal kauen:
Und was er mit mir machen will, ist alles mir gelegen; ich halte ihm im Glauben still und hoff auf seinen Segen; denn was er tut, ist immer gut, und wer von ihm behütet ruht, ist sicher allerwegen.© Feiern und Loben, Nummer 399, Strophe 3
Das Wort „gelassen“ oder „Gelassenheit“ hat eine äußerst interessante Sprachwurzel: Es stammt aus dem mittelhochdeutschem „gelatenheit“, was ursprünglich „gottergeben“ bedeutete.
Gelassenheit geht mit dem Glauben Hand in Hand. Wenn ich mich mit Philipp Spitta und Paulus in der guten und geliebten Hand Gottes weiß, kann ich gelassen leben, was auch immer geschieht und wie auch immer mein Leben verläuft.
Gelassenheit und Gebet sind wie die zwei Seiten der einen Münze. Nur wenn ich beten kann, brauche ich mich auch nicht zu zersorgen.
Wie sagte mal jemand: „Glück haben ist nichts. Gott haben ist alles.“ Gelassen bedeutet:
kühl und ruhig trotz ärgerlichen, unangenehmen Geschehens. Sinnverwandte Ausdrücke sind: geduldig, gefasst, gemäßigt, ruhig.© Dudenverlag
Gelassenheit, Gleichmut oder innere Ruhe ist eine innere Einstellung, die Fähigkeit, vor allem in schwierigen Situationen die Fassung oder eine unvoreingenommene Haltung zu bewahren. Sie ist das Gegenteil von Unruhe, Aufgeregtheit und Stress.
Während Gelassenheit den emotionalen Aspekt betont, bezeichnet Besonnenheit die überlegte, selbstbeherrschte Gelassenheit, die besonders auch in schwierigen oder heiklen Situationen den Verstand die Oberhand behalten lässt, also den rationalen Aspekt von innerer Ruhe.
Als Fachbegriff in der christlichen Mystik bezeichnet Gelassenheit das gewollte Geschehenlassen des Willens Gottes gemäß der Vaterunser-Bitte „Dein Wille geschehe“.
© http://de.wikipedia.org/wiki/Gelassenheit
An zwei Stellen finden wir unser Wort Gelassenheit auch in der Bibel:
Sprüche 14, Vers 30 (Einheitsübersetzung): Ein gelassenes Herz bedeutet Leben für den Leib, doch Knochenfraß ist die Leidenschaft. Die Gute Nachricht übersetzt diesen Vers (Gute Nachricht): Ein ausgeglichener Sinn erhält den Körper gesund; aber Eifersucht ist wie eine Krebsgeschwulst.Lange bevor die Seelenkunde sich Psychologie nannte, die ersten Therapeuten und Ärzte den Zusammenhang zwischen seelischer und körperlicher Gesundheit entdeckten und von psychosomatischen Krankheiten sprachen, hatte der weise Salomo schon diesen Zusammenhang schriftlich festgehalten: Unsere innere Ausgeglichenheit wirkt geradezu gesundheitsfördernd. Negative Gedanken und damit einhergehende Gefühle und Verhaltensmuster machen uns buchstäblich krank. Neid und Eifersucht sind wie ein Krebsgeschwür.
Die nächste Stelle finden wir ein Buch weiter beim
Prediger 10, Vers 4 (Einheitsübersetzung): Wenn der Herrscher gegen dich in Zorn gerät, bewahre die Ruhe; denn Gelassenheit bewahrt vor großen Fehlern.Die Art und Weise, wie wir gedanklich beurteilen und bewerten, beeinflusst dabei nicht nur unsere Lebensqualität, sondern macht buchstäblich „Stimmung“ in unseren Beziehungen, in denen wir leben. Wir können miese Stimmung verbreiten und alle mit unserem Katastrophendenken und unserer Angst anstecken, oder wir können andere ermutigen und für eine gute Atmosphäre sorgen.
In dem wahrscheinlich nur noch antiquarisch zu bekommenden Buch „Wenn Gedanken Mächte werden“ schreibt Michiaki Horie:
Dass ein Zusammenhang zwischen Denken und Fühlen besteht, können wir anhand ganz banaler Beispiele am besten erkennen.Da ist eine junge Dame. Bevor sie das Haus verlässt, sagt ihr ein letzter Blick in den Spiegel, dass alles in Ordnung ist. Die Frisur sitzt, die Kleidung hat den nötigen
Chique – sie fühlt sich dem Tag gewachsen. Man spürt ihr sicheres Auftreten, sei es auf der Straße, im Geschäft oder unter den Kollegen. An ihrem ganzen Verhalten merkt man, was sie von sich selbst denkt.Dann, auf dem Nachhauseweg in der Straßenbahn, merkt sie zufällig, dass ihr Strumpf ein großes Loch aufweist. Sie erschrickt, wird verlegen. Sie spürt, wie sie errötet; das verunsichert sie noch mehr. Sie hat das Gefühl, alle Menschen würden nur auf ihre Strümpfe starren. Sie weiß kaum noch, wie sie sich bewegen soll. Wie sie sich auch dreht, es ist, als würden ihr alle Blicke folgen.
Das Loch war schon viele Stunden da. Aber die junge Dame wusste es nicht, also konnte sie sich ganz unbekümmert und frei bewegen. Die Tatsache als solche hatte sich nicht geändert. Nur die Einstellung der Dame war eine andere geworden.
Dieses Beispiel können wir beliebig übertragen, denn das Prinzip bleibt das gleiche.
Nicht das Geschehen selbst ist es, was uns Schwierigkeiten bereitet, sondern wie wir darüber denken. Das ist entscheidend.
© Michiaki und Hildegard Horie, Wenn Gedanken Mächte werden, Seite 85
Der Verhaltenstherapeut Harlich Stavemann schreibt in diesem leicht verständlichen und praktisch nachvollziehbaren Buch „Im Gefühlsdschungel“:
Wir allein entscheiden durch unsere Art zu denken, ob wir uns fröhlich, ängstlich, traurig, ärgerlich, wütend, gelassen oder niedergeschlagen fühlen.Diese Schlussfolgerung ist natürlich recht unbequem. Denn wenn andere nicht für meine emotionale Situation verantwortlich sind, keine Schuld an meinem miesen Gefühlszustand haben ..., ja, dann müsste ich ja wohl selbst etwas verändern.
© Harlich H. Stavemann, Im Gefühlsdschungel, Seite 20 - 22
Das Denken spielt auch in der Bibel eine nicht unwesentliche Rolle.
2. Korinther 10, Vers 5 (Gute Nachricht): Alles menschliche Denken nehmen wir gefangen und unterstellen es Christus.
Psalm 139, Vers 2 (Einheitsübersetzung): Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken.
Jesus ergänzt das alte Gebot der ganzheitlichen Gottesliebe um unsere Gedanken: Du sollst Gott lieben mit all deinen Gedanken (Matthäus 22, 37; Lukas 10, 27; Markus 12, Vers 30)
Und Paulus merkt im Philipperbrief an,
Philipper 4, Vers 6 bis 8 (Einheitsübersetzung): Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren. Schließlich, Brüder: Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und lobenswert ist, darauf seid bedacht!Horie merkt dazu an:
Mit unseren Gedanken, seien sie nun gut oder schlecht, speisen wir unsere Seele und bauen damit unseren Charakter, Stück um Stück. Jeder Gedanke ist wie ein Baustein. ...Gedanken sind das Grundmaterial, mit dem wir unser Leben aufbauen. ...
Wenn wir ein friedvolles Zuhause suchen, müssen wir Gedanken denken, die in uns diesen Frieden schaffen. ...
Ich selbst bin für meine Gefühle verantwortlich. Ganz gleich, ob der andere gut ist zu mir oder böse, ob er mich vernachlässigt oder mir Wohlwollen entgegenbringt. ...
Solange wir unsere Stimmung von unserer Umgebung oder bestimmten Ereignissen abhängig machen, sind wir immer wieder Stimmungsschwankungen unterworfen.
© Michiaki und Hildegard Horie, Wenn Gedanken Mächte werden, Seite 86 - 103
Niemand zwingt uns also dazu, ein Katastrophendenker zu bleiben. Wir können uns jetzt und hier dazu entscheiden, gelassen leben zu lernen: Aus dem zwanghaften Schwarzsehen auszusteigen und die Freiheit der Gelassenheit anzufangen einzuüben. Dass dies ein lebenslanger Lernprozess bleiben wird, ist ein offenes Geheimnis. Aber wer will uns daran hindern, heute damit anzufangen?
Friedrich Christoph Oetinger wird das Motto der Anonymen Alkoholiker zugesprochen:
Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.
Gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
Und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
© Friedrich Christoph Oetinger (1702 - 1782), evangelischer Theologe
Das bedeutet realistisch und nicht mit Schwarzseherei
- mein Leben wahrnehmen
- manches erst einmal einfach hinnehmen
- um es hoffentlich bald annehmen zu können, wie es ist
Ähnlich wie Oetinger schreibt Stavemann: Wenn mir die Realität missfällt, prüfe ich, ob ich sie verändern kann. Meine Energie setze ich aber nur dort ein, wo ich die Macht habe, etwas zu verändern. Wo ich machtlos bin und nichts ändern kann, will ich diese Realität akzeptieren lernen.
© Harlich H. Stavemann, Im Gefühlsdschungel, Seite 79
Wir brauchen Gelassenheit im Blick auf:
- unser Leben
- unsere Lebensumstände
- unseren Ehepartner
- unsere Kinder und unsere Familie
auch im Blick auf:
- unsere Gemeinde
- unseren Hauskreis
- unsere Mitchristen
Konrad Adenauer wird der Satz nachgesagt: „Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, andere gibt's nicht.“
Alles beginnt mit einer Entscheidung und einer wichtigen Klarstellung für mein Leben:
- nicht die Umstände sind schuld
- nicht andere tragen die Verantwortung
- ich selbst entscheide, wie ich die Dinge beurteile und mich dann auch fühle
Was für Paulus gilt, kann auch für mich und uns gelten: Philipper 4, Vers 11b bis 13 (Gute Nachricht): Ich habe gelernt, in jeder Lage zurechtzukommen und nicht von äußeren Umständen abhängig zu sein. Allem bin ich gewachsen durch den, der mich stark macht.
Entweder glaube ich an den, der mich stark machen kann und lerne gelassen zu leben oder ich lebe weiterhin situations- und menschenabhängig, emotional wie ein Schiff auf hoher See. Niemand wird mir diese Lernerfahrung abnehmen können. Vielleicht sollte ich mir diese drei Sätze notieren und auf einem Blatt an meinem Kühlschrank heften:
- nicht die Umstände sind schuld
- nicht andere tragen die Verantwortung
- ich selbst entscheide, wie ich die Dinge beurteile und mich dann auch fühle